Ein bisschen Zeit, ausreichend Lust, die Alternative wäre die fällige Bad-Reinigung, somit prima Voraussetzungen, dass ich endlich hier auch mal die Frage "Warum spiele ich ein Fractal Audio Produkt?" beantworte, oder auch Ralfs allgemeiner formulierte Frage "Warum bin ich von einem realen Amp-Setup zum Modeler umgestiegen?".
Natürlich habe ich als freier Mitarbeiter von G66 noch einen weiteren sehr sehr guten Grund, ein Fractal Audio Produkt zu spielen, aber das versuche ich mal soweit wie möglich außen vor zu lassen.
Eigentlich bin ich ein klassischer Röhrenamp-Typ. Nicht nur, dass ich immer Röhrenamps gespielt habe, und das jetzt schon seit 40 Jahren - fuck, bin ich alt. Ich war auch nie der Pedalboard-Typ. Jedenfalls was den Grundsound betrifft. Der kam immer aus dem Amp, Pedale waren für mich immer nur für die Akzente da, das ist jetzt auch in der virtuellen Welt so. Ich hatte auch mal ein paar Jahre eine reine "Gitarre->Kabel->Amp"-Phase. Von den zu dieser Zeit gemachten Erfahrungen profitiere ich immer noch, denn so komme ich auf jeder Session mit minimalem Setup und ohne Pedale einigermaßen klar. Meistens habe ich aber immer mit irgendwelchen Pedalen gespielt, aber ich habe nie zB einen Zerrer unbedingt gebraucht, um überhaupt spielen zu können. Soviel zu meinem Background.
Zu POD-Zeiten habe ich die Vielfalt möglicher abrufbarer Sounds geliebt, und die für damalige Verhältnisse sehr gute Qualität der Effekte. Das habe ich auch weidlich ausgenutzt, oft zu Lasten des Bandsounds und vieler Tonleute - aber hey, ich war jung und so. Diese Phase ging dann auch vorüber und zwar mit dem Reußenzehn Plexi, den einige von euch als "Abrissbirne" kennen und der ja tatsächlich eine Marke für sich ist.
So geil der Sound des Reu war und immer noch ist, dieser Amp ist ein One Trick Pony und manchmal hätte es dann doch mehr sein dürfen. Meine Wunschliste:
- Clean: der Reu kann keinen richtig cleanen Clean-Sound, er bleibt immer leicht angezerrt. Nun ist das ja eigentlich gerade für mich kein Problem, denn was ich Clean nenne, ist für andere schon Crunch.
Aber worum es geht: um mit einem guten Einkanaler einen echten crispen Clean-Sound hinzubekommen, sind die Regler bei gleicher Lautstärke völlig anders eingestellt als wenn der Amp fett zerren soll. Die Kurbelei dauert auch am Reussenzehn - der keine Klangregelung hat - viel zu lange innerhalb eines Songs. DAS sind mal Latenzen!
Manche behelfen sich damit, dass sie den Clean-Sound aus dem Amp holen und die Zerre mit Pedalen machen, aber das ist nichts für mich, ich stehe nun mal auf Amp-Zerre.
- Sounds abrufen: das ist die allgemeinere Formulierung des Clean-Problems. Mal einen anderen Sound verwenden können, so geil der eine auch ist, und zwar mit einer angemessen kurzen Umschaltzeit.
- Pult-Effekte: für bestimmte Situationen habe ich gern schon mal dezent eingesetzte Effekte wie Delay, Hall, vielleicht auch mal einen Chorus, am Liebsten in Stereo. Delay und Hall gehört hinter die Zerre, für meinen Hörgeschmack. Das schreit nach einem W/D/W-Setup, oder diese Effekte werden erst am Pult hinzugefügt. Alles die Seuche und eher unpraktikabel. Überhaupt...
- Die Praktikabilität: wenn ich manchmal sehe, wie die Kollegen da ein gitarrenkoffergroßes Pedalboard anschleppen, mit dutzenden Effekten und Switchern und Patchbays und Zeugs und alles, und wie verzweifelt sie bei Problemen sind, den einen Klinkenstecker zu finden, der für das Rauschen oder Krachen im Sound verantwortlich ist, dann denke ich oft: was für einen Aufwand manche treiben, bloß um kein Axe-Fx zu benutzen.
Und so begab es sich, dass ich doch wieder anfing, mich nach digitalen Lösungen umzusehen. Ich hatte gerade einen Geldtopf aufgesetzt, um darin für einen Pod HD zu sparen, da rief Jacques mich an (für den ich zu dieser Zeit schon eine ganze Weile nebenher gearbeitet hatte), wir unterhielten uns und kamen auch auf meine geplante Anschaffung zu sprechen. Da meinte er, dass ich das mit dem Pod mal vergessen soll und erzählte mir von seinen Plänen, ein komisches Gerät namens Axe-Fx nach Europa zu holen. Der Rest ist Geschichte, wie man so schön sagt.
Der Axe-Fx hat also damals ein Problem gelöst, welches ich tatsächlich konkret hatte, und zwar auf die denkbar beste Art. Und deshalb kann ich mir auch heute noch für meinen persönlichen Anwendungsfall nichts besseres vorstellen. Zumal das Nachfolgemodell immer rauskam, lange bevor die Konkurrenz auch nur ansatzweise aufgeschlossen hatte. Was der Grund ist, dass es bei mir nicht nur Modeler, sondern Fractal Audio heißt.