Als ich das erste mal den IIIer sah, war ich erstmal skeptisch. 3HE, anstatt 2HE finde ich nicht so prickelnd, aber es ist sicherlich nicht nur dem großen Display geschuldet, sondern vor allem das mehr an Anschlüssen auf der Rückseite wäre wohl auf 2HE nicht mehr realisierbar gewesen. Auch das erste Empfinden, was das Design angeht, hat mich nicht wirklich angesprochen: riesiges "BlingBling" Leutchlabel auf der Frontseite, bäh. Ich weiss nicht, ob jetzt mehr Verkäufe zustande kommen, weil Leute das Gerät so auf Bühnen leichter identifizieren können. Aus User Sicht ist es verschwendeter Platz, den ich lieber in einem mehr an physischen Bedienelementen investiert gesehen hätte. De Facto sind es nämlich weniger geworden, als beim IIer bei 50% mehr Frontplatte (3HE statt 2HE).
ABER!
Je länger ich über das IIIer nachdenke, mir die screenshots der neuen GUI ansehe, die ungleich besser an die physischen Bedienelemente adaptiert ist, als zum Beispiel beim AX8, bin ich mittlerweile doch sehr angetan. Die Bedienung am Gerät verspricht 1) deutlich mehr Übersicht, als am IIer und 2) eine ähnlich sehr gute Konsistenz der Bedienlogik, wie beim IIer. Auch da finde ich bisher keine Ungereimtheiten, die ich beim AX8 kritisiere.
Das Farbdisplay sieht auf den ersten Blick auch mehr nach "BlingBling" aus, auf den zweiten werden aber die Vorteile schnell klar: Größeres hochauflösendes Display ermöglicht ein Zoom IN / Zoom OUT der Matrix (Layout). Bedeutet: Man kann einerseits das komplette Routing auf einen Blick sehen, andererseits ist schnellere Orientierung, welche Blöcke wo sind, weil sie farblich markiert sind. Für mich sind das zwei fette Pluspunkte. Neben vielen weiteren, weil einfach mehr Information entweder direkt oder umfänglicher ersichtlich ist (Levels, CPU Verbrauch, etc.)
Gibt es echte neue Killer Applikationen? Ehrlich gesagt: JEIN. Das Effekte Arsenal und wohl auch die Güte des Amp-Modelings werden wohl zu Beginn des Lebenszyklus nicht DEN Unterschied zum IIer machen. Das war bei Umstellung von Ultra auf IIer aber ähnlich und erst im Laufe des Produktlebenszyklus hat sich das IIer immer weiter von der Vorgängergeneration abgehoben: Modeling wurde stets besser (heute sind es ja schon merkliche Welten zwischen IIer und Standard/Ultra), Es kamen IR capturing, Tonematch Block hinzu, Scenes, ... hinzu. Die Frage steht also im Raum, was die Zukunft an Firmware updates bringen wird. Wie immer.
Gibt es echte neue Killer Applikationen? Ehrlich gesagt: JEIN. X/Y wird durch 4 Channels A,B,C,D ersetzt, dazu nun auch gap- und seamless. Das ist für mich derzeit einer DER Neuerungen, die sich in der Praxis wirklich schnell sehr positiv bemerkbar machen würden. Ein weiteres Highlight ist für mich, dass es nun keinen starren INPUT und OUTPUT Block am Anfang und Ende des Routings gibt, sondern frei setzbare IN-%OUT-Blöcke für jeden physischen Ein- und Ausgang. Das macht das Routing und den Verbund mit weiterer Peripherie nochmals stark flexibler, der alte FX Loop Block wird obsolet.
Dazu natürlich das mehr an physischen IN- & Outputs: Die Qual der Wahl: Entweder Signal abzweigen, um Gitarrenbox als Monitor ohne IR zu betreiben ODER externe Effekte einzuschleifen gehört beim IIIer der Vergangenheit an. Das 8x8 Audio Interface ermöglicht endlich reamping bei gleichzeitiger Abhöre des backingtracks ohne zusätzliches Audio Interface. Nett.
Auch ist mir positiv aufgefallen, dass es nun 2 Send- & Return-Blöcke gibt. Die "Kabelverlängerung" über 3 Reihen ist also möglich, was zu mehr seriell nutzbaren Blöcken gleichzeitig führt (effektiv maximal 36 statt 22).
Zählt man diese Punkte alle zusammen, erweitert das IIIer die Verschaltungs- und Verwaltungsmöglichkeiten schon ähnlich stark zum IIer, wie damals das IIer zum Ultra.
... vom excessiven mehr an Rechenpower mal ganz abgesehen. 2x Cab Blocks à 4 IRs gleichzeitig: Cliff weiss schon, wie er das Übermass an mehr Power auch schnell wieder vom User verballern lassen kann
Was ich mir wünsche:
S/PDIF / AES-EBU frei routbar (einzeln einstellbar auf die 4 IN und 4 OUT Blöcke). Cliff hat bestätigt, dass dem derzeit nicht so ist, er aber mal drüber nachdenkt ... für mich liegt es auf der Hand, dass das gehen sollte! Damit wären digitale FX Loops möglich, des Weiteren entfiele das nervige Umschalten von Analog IN und S/PDIF IN fürs reampen (wenn ich das richtig durchdacht habe in Verbindung mit den neuen IN/OUT Blocks).
HOFFENTLICH (habe leider keine Antwort darauf bekommen, was immer schlecht ist ;( ) ... sind die 5 Encoder unterhalb des Displays wie beim FX gerastert und nicht ungerastert, wie beim AX8, womit das gezielte ansteuern eines Parameter Wertes zum "pain in the ass" wird... mir ist es bis heute absolut unverständlich, wie man warum beim AX8, welches NACH dem FX8 kam, hier KEINE gerasterten Encoder verbaut wurden. Das schmälert den Bedienkomfort des AX8 beträchtlich! Auch weil es keinen dedizierten "gerasterten big value knob" wie das IIer hat.
Zum Schluss: Ja, dass hinter dem neuen FASLINK II ein neues Protokoll steht, somit die MFC-101 nicht aufwärtskompatibel sein wird, ist bitter. Wer also auf AXE III umsteigen will und dieses auch live nutzen will, wird auf kurz oder lang genauso wenig um die neuen FC6/12 Footcontroller herumkommen, wie beim IIer nicht um die MFC, wenn man das Gerät wirklich sinnvoll und komfortabel fernbedienen will.
Ich sah das Axe II und die MFC schon immer als Einheit. Beim IIIer und FC6/12 verschmelzen die Geräte wahrscheinlich so sehr miteinander, wie beim AX8 - sind nur noch physisch getrennt. Man beachte beim screenshot des IIIer Editors den Schalter "FOOT CONTROL" ... Ich gehe davon aus, dass die FC6/12 genauso aus dem Editor heraus programmiert werden kann, wie beim AX8. Des Weiteren hoffe ich, dass das neue Protokoll die Kommunikationsgeschwidigleit und die Kommunikation im Verbund (Editor / Footcontroller / Axe III / etc...) weiter erhöht, alle Geräte im Verbund stets Schaltvorgänge und Zustände an einem Gerät auf den jeweils anderen zeitgleich und ohne dropouts mitgeführt werden. Das wäre auch schön!
Nun also die Gretchenfrage: Wer brauchts? Wenn man bedenkt, das viele User downgegradet haben, weil das IIer schon für viele in den Möglichkeiten quasi überdimensioniert ist und das AX8 den Job auch erledigt, dann macht das IIIer wenig Sinn, solange die Qualität des Grundsounds (Amp Sim) sich nicht erheblich vom IIer unterscheidet. Und das wird wahrscheinlich noch einige Monde dauern. Fragt man allerdings nach dem "Wer will`s", bin ich der erste, der die Hand hebt
Und da gebe ich Haiko schon recht: Wer früher oder später sowieso mit einem Umstieg von IIer auf IIIer liebäugelt, macht wahrscheinlich den besseren Deal, je früher er umsteigt. Die größte Herausforderung für FAS wird sein, möglichst schnell die FC6/12 Footcontroler nachzureichen, denn das MFC als generischen MIDI Controller mit dem Axe III zu verwenden, wird zwar gehen, aber wenig komfortabel sein.