Friedlieb
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Hochgeschätzte Mit-Irre,
im Moment bin ich etwas im ToneMatching-Fieber. Und zwar mittendrin. Das heißt, meine Forschungen sind noch nicht abgeschlossen, meine Gedanken dazu noch nicht komplett rund, und weitere Erfahrungen warten darauf, gemacht zu werden. Ich berichte hier also einen Zwischenstand und hoffe auf eine rege Diskussion.
Worum geht es?
Es geht um ToneMatching von Gitarren. Nur der Vollständigkeit und Sorgfalt halber sei erwähnt, daß ToneMatching ja eigentlich primär für Amp-Sounds erfunden wurde. Und da funktioniert es ja recht gut, teilweise auch verblüffend gut. Nun zweckentfremde ich das gerade für Gitarren. Mach aus einer Akustischen eine Dobro, spiele mit der Elektrischen einen Akustiksound, mach die Strat zur Tele etc.
Warum geht es eigentlich nicht?
Bevor ich tiefer einsteige, hier erst mal, warum keine allzu berauschenden Ergebnisse zu erwarten sein sollten:
- ToneMatching basiert auf der Analyse eines statischen Frequenzspektrums. Über die Zeit der Erfassung wird ein summiertes Spektrum von Referenzsignal und lokalem Signal gebildet, und das Matching besteht dann darin, eine Art Korrektur-Kurve auszurechnen, die das Spektrum des lokalen Signal in das Spektrum des Referenz-Signals überführt.
- Die verschiedenen Bauarten von Gitarren mit den extremen Gegenpolen "Akustische Hohlbauweise" vs. "Solidbody" beziehen ihre signifikanten klanglichen Unterschiede nicht aus dem statischen Klang, sondern dem dynamischen Verlauf des Klangs. Beim Anschlag sind relativ viele Obertöne dabei, die werden weniger und machen einem reineren Klang Platz. Das Ganze ist bei jeder Bauform anders und nimmt insbesondere bei einer akustischen Gitarre einen völlig anderen Verlauf als bei einer elektrischen.
Und genau diesen Unterschied kann ToneMatching nicht erfassen. Weil ToneMatching eben nur die Summe betrachtet und nicht den für die Unterscheidung so wichtigen zeitlichen Verlauf.
Warum überhaupt?
Der praktische Hintergrund ist, dass meine Akustik-Kombo im Moment total boomt und ich (fast schon zu meinem Entsetzen) viel mehr akustische Gigs als elektrische habe. Mein Mitgitarrist hat eine sehr geile Taylor, ich eine Yamaha CPX700, die zwar auch ganz nett ist und dank Meister Walter Kraushaar auch eine grandiose Bespielbarkeit hat, aber gegen die Taylor klanglich doch ziemlich abkackt. Und dann will man ja auch was zum Aufhübschen des Sounds haben. Eine ganze Weile bin ich um ein LR Baggs Venue Pedal herumgeschlichen, bis ich mir schließlich dachte, hey, Du hast ein Axe-Fx, das kann alles, also komm in die Hufe.
Wie ging es dann?
Also haben wir beschlossen, in einer gemütlichen Proberaum-Sitzung der Taylor die Seele auszusaugen und ins Axe-Fx zu bringen. Und das ging so: unser Cajonist hat ein paar richtig gute Großmembranmikros mitgebracht, damit haben wir einen guten Mix gemacht und das Ergebnis als "Referenzton" in Input 2 des Axe-Fx II eingespeist. Den habe ich dann im Offline-Modus mit der Taylor aufgenommen. Als lokalen Ton habe ich den normalen Klinken-Ausgang der Yamaha verwendet. Ergebnis dieses Durchgangs: der Klang der Yamaha wird schon sehr tayloresk.
Dann habe ich noch im Live-Modus das Gleiche mit der Yamaha allein gemacht und ihren mikrofonierten Sound als Referenz verwendet. Mit dem Ergebnis, dass die Yamaha nun über die PA klingt, als sei sie per Mikro abgenommen worden (allerdings ohne den Nachteil der mit einer Mikro-Abnahme sonst immer verbundenen Feedback-Anfälligkeit).
Zuhause hab ich daraus dann später Cab-IRs gemacht und alles gemischt: das auch nicht schlechte Direktsignal der Yamaha plus eine Prise mikrofonierte Yamaha plus reichlich mikrofonierte Taylor, und im Resultat klingt es richtig gut. In my humble ears. Zur Nachahmung ausdrücklich empfohlen.
Und sonst so?
Dann dachten wir uns, wo das ganze Zeug schonmal aufgebaut, positioniert und eingepegelt ist, können wir auch gleich voll auf die Kacke hauen. Also habe ich wie beim ersten Durchgang die mikrofonierte Taylor als Referenz verwendet und dann meine geliebte elektrische Gina (die einige von Euch in Daxweiler kennengelernt haben) als lokales Signal. Im Ergebnis habe ich nun einen recht brauchbaren Akustik-Simulator. Der Sound kommt zwar nicht an die echte Taylor ran - warum das so ist, steht oben schon. Aber der Akustik-Sound ist gut einsetzbar und live hört spätestens nach dem Einsetzen der Drums nur noch die Musikerpolizei einen Unterschied.
Dann haben wir das gleiche noch mit einer Dobro gemacht, man gönnt sich ja sonst nix. Jetzt habe ich also auch noch einen Dobro-Simulator für die Elektrische, und der ist ja nun mal richtig geil, da waren wir echt alle baff.
Ausblick
Als nächstes wird jetzt meine alte Tele gegen die Gina gematcht, und die Strat. Das sollte doch mit dem Kemper zugehen, wenn da nicht was Brauchbares bei rumkommt. Überhaupt die Ersatzgitarren-Idee: wenn Du normalerweise nur eine Gitarre einsetzt und die Ersatzgitarre nur dabei hast, falls auf der Hauptgitarre eine Saite reißt. Einfach vorher den Sound der Hauptgitarre gegen die Ersatzgitarre matchen, und falls letztere zum Einsatz kommen muss, einfach die entsprechende IR in den Signalweg nehmen, und schon klingt die Ersatzgitarre wie die Hauptgitarre. Ach, schöne neue Welt...
im Moment bin ich etwas im ToneMatching-Fieber. Und zwar mittendrin. Das heißt, meine Forschungen sind noch nicht abgeschlossen, meine Gedanken dazu noch nicht komplett rund, und weitere Erfahrungen warten darauf, gemacht zu werden. Ich berichte hier also einen Zwischenstand und hoffe auf eine rege Diskussion.
Worum geht es?
Es geht um ToneMatching von Gitarren. Nur der Vollständigkeit und Sorgfalt halber sei erwähnt, daß ToneMatching ja eigentlich primär für Amp-Sounds erfunden wurde. Und da funktioniert es ja recht gut, teilweise auch verblüffend gut. Nun zweckentfremde ich das gerade für Gitarren. Mach aus einer Akustischen eine Dobro, spiele mit der Elektrischen einen Akustiksound, mach die Strat zur Tele etc.
Warum geht es eigentlich nicht?
Bevor ich tiefer einsteige, hier erst mal, warum keine allzu berauschenden Ergebnisse zu erwarten sein sollten:
- ToneMatching basiert auf der Analyse eines statischen Frequenzspektrums. Über die Zeit der Erfassung wird ein summiertes Spektrum von Referenzsignal und lokalem Signal gebildet, und das Matching besteht dann darin, eine Art Korrektur-Kurve auszurechnen, die das Spektrum des lokalen Signal in das Spektrum des Referenz-Signals überführt.
- Die verschiedenen Bauarten von Gitarren mit den extremen Gegenpolen "Akustische Hohlbauweise" vs. "Solidbody" beziehen ihre signifikanten klanglichen Unterschiede nicht aus dem statischen Klang, sondern dem dynamischen Verlauf des Klangs. Beim Anschlag sind relativ viele Obertöne dabei, die werden weniger und machen einem reineren Klang Platz. Das Ganze ist bei jeder Bauform anders und nimmt insbesondere bei einer akustischen Gitarre einen völlig anderen Verlauf als bei einer elektrischen.
Und genau diesen Unterschied kann ToneMatching nicht erfassen. Weil ToneMatching eben nur die Summe betrachtet und nicht den für die Unterscheidung so wichtigen zeitlichen Verlauf.
Warum überhaupt?
Der praktische Hintergrund ist, dass meine Akustik-Kombo im Moment total boomt und ich (fast schon zu meinem Entsetzen) viel mehr akustische Gigs als elektrische habe. Mein Mitgitarrist hat eine sehr geile Taylor, ich eine Yamaha CPX700, die zwar auch ganz nett ist und dank Meister Walter Kraushaar auch eine grandiose Bespielbarkeit hat, aber gegen die Taylor klanglich doch ziemlich abkackt. Und dann will man ja auch was zum Aufhübschen des Sounds haben. Eine ganze Weile bin ich um ein LR Baggs Venue Pedal herumgeschlichen, bis ich mir schließlich dachte, hey, Du hast ein Axe-Fx, das kann alles, also komm in die Hufe.
Wie ging es dann?
Also haben wir beschlossen, in einer gemütlichen Proberaum-Sitzung der Taylor die Seele auszusaugen und ins Axe-Fx zu bringen. Und das ging so: unser Cajonist hat ein paar richtig gute Großmembranmikros mitgebracht, damit haben wir einen guten Mix gemacht und das Ergebnis als "Referenzton" in Input 2 des Axe-Fx II eingespeist. Den habe ich dann im Offline-Modus mit der Taylor aufgenommen. Als lokalen Ton habe ich den normalen Klinken-Ausgang der Yamaha verwendet. Ergebnis dieses Durchgangs: der Klang der Yamaha wird schon sehr tayloresk.
Dann habe ich noch im Live-Modus das Gleiche mit der Yamaha allein gemacht und ihren mikrofonierten Sound als Referenz verwendet. Mit dem Ergebnis, dass die Yamaha nun über die PA klingt, als sei sie per Mikro abgenommen worden (allerdings ohne den Nachteil der mit einer Mikro-Abnahme sonst immer verbundenen Feedback-Anfälligkeit).
Zuhause hab ich daraus dann später Cab-IRs gemacht und alles gemischt: das auch nicht schlechte Direktsignal der Yamaha plus eine Prise mikrofonierte Yamaha plus reichlich mikrofonierte Taylor, und im Resultat klingt es richtig gut. In my humble ears. Zur Nachahmung ausdrücklich empfohlen.
Und sonst so?
Dann dachten wir uns, wo das ganze Zeug schonmal aufgebaut, positioniert und eingepegelt ist, können wir auch gleich voll auf die Kacke hauen. Also habe ich wie beim ersten Durchgang die mikrofonierte Taylor als Referenz verwendet und dann meine geliebte elektrische Gina (die einige von Euch in Daxweiler kennengelernt haben) als lokales Signal. Im Ergebnis habe ich nun einen recht brauchbaren Akustik-Simulator. Der Sound kommt zwar nicht an die echte Taylor ran - warum das so ist, steht oben schon. Aber der Akustik-Sound ist gut einsetzbar und live hört spätestens nach dem Einsetzen der Drums nur noch die Musikerpolizei einen Unterschied.
Dann haben wir das gleiche noch mit einer Dobro gemacht, man gönnt sich ja sonst nix. Jetzt habe ich also auch noch einen Dobro-Simulator für die Elektrische, und der ist ja nun mal richtig geil, da waren wir echt alle baff.
Ausblick
Als nächstes wird jetzt meine alte Tele gegen die Gina gematcht, und die Strat. Das sollte doch mit dem Kemper zugehen, wenn da nicht was Brauchbares bei rumkommt. Überhaupt die Ersatzgitarren-Idee: wenn Du normalerweise nur eine Gitarre einsetzt und die Ersatzgitarre nur dabei hast, falls auf der Hauptgitarre eine Saite reißt. Einfach vorher den Sound der Hauptgitarre gegen die Ersatzgitarre matchen, und falls letztere zum Einsatz kommen muss, einfach die entsprechende IR in den Signalweg nehmen, und schon klingt die Ersatzgitarre wie die Hauptgitarre. Ach, schöne neue Welt...