B
belphegor
Guest
Tu sofort die Asche wieder runter! Ich habe mich in keinster Weise angegriffen gefühlt. Ich bin auch absolut kein Vintage Verherrlicher. Zur Qualität von alten Gitarren kann ich mich ja eigentlich nicht wirklich fundiert äussern da ich nicht alle Vintage Gitarren gespielt habe, aber mir leuchtet schon irgendwie ein, dass die total Ausfälle bei den alten Gitarren eher bei Fender stattgefunden haben, da in deren Fabrik angeblich vor allem ungelernte Kräfte sich austoben durften, was bei der Bauweise von Fender Gitarren ja auch möglich ist und bei Gibson vor allem Gitarrenbauer beschäftigt waren. Ob das so stimmt? Ich spiele übrigens auch sehr gerne auf meiner Strandberg, der Charvel Guthrie Goven und meiner Teuffel Birdfish. Ich hab mir auch mal eine 56er Strat gekauft (Wegen unseres gemeinsamen Baujahrs) und die habe ich mir nur leisten mögen weil sie zwar klasse aussieht, aber nur solange man nicht unters Pickguard schaut. Ein Vorgänger wollte unbedingt zwei Humbucker drin haben und man weiß ja, dass Fräsen total überschätzt sind solange man zwei gesunde Hände und einen stumpfen Stechbeitel sein Eigen nennt.
Alles OK; Asche wieder abgebürstet ;-)
Aber um es aus meiner Sicht abschließend nochmal zusammenzufassen:
1. Vintage-WAHN finde ich, wie allen Bereichen künstlerischer Tätigkeit, schlimm und bisweilen geradzu krank.
Wobei "krank" kein als objektiv zu betrachtender Ausdruck gelten kann.
Die aufgerufenen Preise stellen in nahezu allen Fällen ja kein vertretbares Äquivalent zum materiellen und handwerklichen Wert dar.
Und nur weil es alt ist, muss es nicht auch gut sein.
2. Alte Objekte zu sammeln, zu nutzen und zu lieben ist ein Wert für sich; abseits von Logik und Ratio.
Alte Instrument zu mögen beruht nicht ausschließlich darauf, diese als Wertanlage zu betrachten, oder weil es en vogue ist,
sie zu besitzen.
Viele alte und regelmäßig gespielte Instrumente entwickeln sich.
Das ist Physik und Chemie.
Sie bilden zudem auch den Klang ihrer Zeit ab.
Bau bzw. Entstehung eines Instruments stehen, im positiven wie im negativen Sinne, immer im Kontext mit
der Epoche, in der sie entstanden sind.
Sie sind insofern auch sehr wichtig, eine Art Zeitzeuge.
Das hat nichts mit Überhöhung oder dergleichen zu tun.
Auch nicht mit Nostalgie.
Es ist eher eine Art natürlicher Konservatismus;
Das Gute (im durchaus subjektiven Sinne) zu erhalten.
3. Aus der Sicht des Jahres 2021 auf Gitarren dieser frühen Epoche würde ich niemals solche Veränderungen vornehmen.
Bestenfalls Ersetzungen an Teilen, die die Bespielbarkeit massiv einschränken oder unmöglich machen.
Originalteile werden bei mir immer gesammelt, um sie ggf. einem Nachfolgebesitzer übergeben zu können.
4. Aus zukünftiger Sicht betrachtet werden Besitzer meiner Gitarren in 40/50 Jahren im einen oder andere Fall
möglicherweise ebenso von einem Frevel sprechen, wenn sie meine Moddings zur Kenntnis nehmen müssen.
Dessen bin ich mir vollumfänglich bewusst.
5. Was den Unterschied (für mich) zwischen Punkt 3 und 4 ausmacht, ist folgendes;
Die Customshop-Modelle, denen ich ggf. heute ein Modding angedeihen lasse, sind heute nichts anderes
als Repliken von Gitarren, die bereits vor zig Jahren so gebaut worden sind.
Sie stellen heutzutage keine Objekte (mehr) dar, die einen bestimmten Meilenstein in der Musikgeschichte
abbilden.
Bei den beiden Gitarren von Bonzo sieht das anders aus.
Sie verkörpern den Punkt in der Geschichte der Gitarre, an dem die Solidbody-Elektrogitarre zu einem wichtigen
Ausdrucksmittel wurde, das es zudem in dieser Form und Bauweise zuvor nicht bzw. nur in Ansätzen gegeben hat.
6. Wenn ich eine gut klingende, perfekt spielbare Gitarre haben möchte, kaufe ich mir ein relativ aktuelles Modell,
nehme ggf. noch ein paar Arbeiten vor, Einstellungen, Umbauten, um am Ende ein (für mich) perfektes Werkzeug
in Händen zu halten.
Wenn ich spüren möchte, wie es sich anfühlt resp. angefühlt und angehört hat, 1955 eine Gitarre zu spielen,
kaufe ich mir eine sehr alte Gitarre aus dieser Zeit.
In einem möglichst gut erhaltenen Original-Zustand; der Lack hat da vielleicht nicht die oberste Priorität.
Die teste ich und wenn ich das Gefühl habe, wir passen zusammen, dann kaufe ich sie, wenn der Preis
sich in zivilen Grenzen hält.
Wenn ich das mache, bin ich mir der Tatsache bewusst, dass die Gitarren dieser Epoche mit "Mängeln" behaftet
sind, die dem Entwicklungsstand des Instrumentenbaus der damaligen Zeit, sowie ggf. den betriebswirtschaftlichen
Zusatzkriterien dieser Zeit, geschuldet sind.
Auch wenn der Vergleich hinsichtlich der Qualität ggf. hinkt;
Eine Stradivari oder Amati-Geige wird man heutzutage wohl kaum modifizieren und damit argumentieren,
dass es am Ende nur darum geht, ein Instrument in Händen zu halten, dass einem zu 100% gefällt und optimal klingt.
Bei letzterem geht's dann auch schon los mit der Subjektivität.
Ich sammle und warte so einige Dinge;
Mechanische Armbanduhren, Rechenschieber, Taschenrechner von HP und TI zBsp..
Ich könnte eine Fortis Flieger mit einem Kaliber (Uhrwerk) 7750 umbauen und ein Quartzwerk einsetzen.
Dann hätte ich eine Uhr, die statt einer Gangabweichung von 1 bis 2 Sekunden/Tag, gut justiert, eine
von vielleicht 1, 2 Sekunden im Monat hat.
Jedem, der mechanische Uhren liebt, würde sich allerdings der Magen herumdrehen und das Essen wieder hochkommen… ;-)
Zu recht, wie ich meine.
Mein HP-29C Taschenrechner zBsp. kann in puncto Rechengeschwindigkeit und Rechengenauigkeit mit meinem
iPhone4 lange nicht mithalten.
Auf meinen Pads und Phones habe ich praktisch alle diese Rechner auch virtuell.
Wozu also einen Rechner aus MItte 1970 mit roten, energiefressenden, LEDs als Anzeige nutzen?
Antwort; Weil es Spaß macht und man sich an der Funktion des Originals erfreuen kann.
Das sind eben keine Dinge, die sich logisch-rational argumentativ abarbeiten lassen.
Entweder man hat ein Empfinden dafür, oder nicht…
Soetwas nicht nachempfinden zu können oder zu wollen mache ich aber niemandem zum Vorwurf!
So, datt waret dann auch.
Tschüsskes woll!