Vielleicht mal kurz ein Einwurf, obwohl ich mich hier bewusst heraushalte.
Seit ein paar Beiträgen kommt hier eine zweite Diskussionsebene hinzu;
rudimentär wie folgt beschrieben:
"Welche Hörgewohnheiten, Vorlieben, musikalische Sozialisation etc. hat jemand? Was ist mir wichtig für den Gitarrensound?"
"Wie höre ich meine Amp/Box-Kombi am liebsten; Wie klingt sie am besten?; Was nutze ich für Gear dazu?"
Ich bin der Ansicht, dass man diesen Teil aus der ursprünglichen, ersten Diskussionsebene heraushalten sollte,
da die Vermengung beider Themen unfruchtbar ist und nicht wirklich zu sinnvollen Erkenntnissen und Ergebnissen führt.
Das Originalthema ist aber:
Lässt sich der individuelle, subjektive Höreindruck eines Gitarristen (Menschen), der vor s/einer Amp-Boxen-Kombi steht
mit Hilfe eines aktuellen FRFR-Systems und dem aktuell zum Eisatz kommenden IR-Erfassungsverfahren 1zu1 abbilden?
Wenn nicht, wie könnte das gelingen?
Und da bin ich ganz bei Paco!
Er ist derjenige, der sich von Anfang an ausschließlich um diesen Aspekt bemüht hat.
Um die rein technische (und korrekte) Betrachtung dessen, was der derzeitige Stand in dieser Fragestellung ist,
und was ggf. erforderlich ist, um die aktuellen Lösungen/Verfahrensweisen zu verbessern resp. abzulösen.
Das er aufgrund gerade der letzten Beiträge zwischenzeitlich daran zweifelt, richtig verstanden worden zu sein,
kann ich zumindest nachvollziehen.
Obwohl sich in denen (Beiträgen) ja durchaus auch thematisch passende Inhalte befinden.
Haiko hat die aktuelle Vorgehensweise sehr treffend formuliert:
Schäl' Dir eine Banane, tauche sie in Knoblauchöl und versuche anschließend, durch Tricks und Kniffe dafür zu sorgen,
dass sie wieder nach Banane riecht und schmeckt.
Die uns gebotenen FRFR-System sind im Grunde nichts anderes, als kleine Mini-PAs.
Und wenn man überhaupt verstehen möchte, worüber hier diskutiert wird, gibt es 2 wichtige Ansätze.
1. Es gilt das Prinzip der Wissenschaft:
Wenn die Grundannahmen in einem Experiment oder einer Untersuchung fehlerhaft sind,
werden die Erkenntnisse und Ergebnisse ebenfalls fehlerhaft sein.
2. Gemäß dem kriminalistischen Prinzip "Folge der Spur des Geldes" gilt:
Folge der Spur des Schallsignals von seiner Entstehung bis zu dem Punkt, an dem das Resultat an unser Gehör gelangt.
Das Prinzip IR-Shooting und die Verarbeitung ist dazu gedacht, im Recording- und im Beschallungsbereich das virtuell abzubilden,
was man zuvor mittels unterschiedlichster Mikrofone in PAs oder in die diversen Aufnahmegeräte der Studios transferiert hat.
Das ist bereits niemals das Hörergebnis gewesen, dass ein Gitarrist in persona in einer bestimmten Positon vor seinem Equipment
ganz individuell und subjektiv gehört hat.
Warum?
Frequenzgang und Aufnahmecharakteristik der Mikros, die Positon der Mikros, ggf. zum Zuge kommende Mike-Vorverstärker.
Allein diese Kriterien sind schon nicht annähernd deckungsgleich mit
- einer individuellen, menschlichen Hörkurve
- der psycho-akustischen Wahrnehmung und Verarbeitung im individuellen, menschlichen Gehirn
- der Position und Haltung eines Menschen in der gleichen Situation vor seinem Equipment.
Hypothetische Annahme:
Wir verfügen über ein Modeling-System, dass
- ein zu 100% perfektes Gitarrenamp-Signal an seinem Ausgang zur Verfügung stellen kann (exakte Entsprechung zu
dem realen Amp-Equivalent meines Amps)
- ein zu 100% perfektes Cabinet-Signal generieren kann, dass neben der Verrechnung der Impulsantwort mit dem Eingangssignal
alle weiteren erforderlichen Dinge wie Interaktion mit dem virtuellen Amp etc. perfekt simulieren kann (exakte Entsprechung zu meiner
Gitarrenbox).
Was könnte ein Top-FRFR-System im Proberaum oder auf der Bühne abbilden?
Exakt das, was das Aufnahmemikrofon zum Zeitpunkt der IR-Aufnahme "gehört" hat.
Kombiniert mit dem Klang/Sound des Amps, den ich zum Modeling verwende.
Es wird niemals das wiedergeben, was ICH als Mensch in dem Moment parallel zu der IR-Aufnahme gehört habe.
Ich werde also ein FRFR-System, das, und dies geht in dieser Diskussion bisher immer unter, nebenbei zusätzlich den gleichen
akustischen Wirkmechanismen unterworfen ist, wie meine Gitarrenbox, nämlich den Einflüssen auf die Wiedergabe
durch die Position im Raum und die Art der Aufstellung etc., nachträglich pimpen müssen, um ihm den Klang zu entlocken,
den ich mir vorstelle.
Es ist keine objektive, gehörbasierte Bewertung der Wiedergabequalität eines FRFR-Systems möglich.
Alle Tests, welche versuchen zu ermitteln, wie gut mein Modeler mit dem FRFR-System meine Gitarrenanlage
klanglich wiedergeben kann, sind fehlerhaft und sinnfrei.
Warum? Siehe Punkt 2 der wichtigen Grundsätze.
Alle Vergleiche der FRFRs (in Daxweiler oder am Nordpol) gehen von der Grundannahme aus, diese Anlagen könnten
eine Gitarrenanlage (annähernd) perfekt wiedergeben.
Aufgrund dessen, was ich zuvor (argumentativ) schrieb und noch schreibe, ist bereits diese Grundannehme falsch.
Ergo wird auch keines dieser Systeme ein entsprechendes Ergebnis liefern; es sei denn zufällig angenähert.
Und zum Verständnis des "Gesamtkunstwerks".
Es ist in der Tat so, dass das IR-Mikro nur einen Bruchteil dessen einfangen kann, was die Bildung des Klangs/Höreindrucks im Raum,
wie wir ihn als Mensch vor einem Equipment stehend wahrnehmen, ausmacht.
Ich stelle mal die Behauptung in den Raum, dass IRs in der jetzigen Form auch nicht dazu geschaffen sind,
über diese Anforderung hinauszugehen.
Sie sollen lediglich die Informationen zum Wiedergabecharakter einer Box zur Verfügung stellen.
Alles andere soll, so zumindest die Theorie, durch das Modelingsystem realisiert werden.
Ausserdem;
Die Idee, einen Klangeindruck aufzuzeichnen, der dem eines Menschen vor seinem Equipment stehend entspricht,
ist mit vielen Fragezeichen versehen:
- Welche Abhörposition soll diejenige sein, die das "perfekte" Klangbild erfasst?
- Wer entscheidet darüber, wie sich das dann anhören muss? Ich, Du, Herr Müller, Herr Dumble, der liebe Gott?
- Was macht ein virtuelles Cab mit dieser Information? Wie müsste es arbeiten? Was darf es, was nicht?
- Wird das Klangergebnis dann die perfekte, individuelle und völlig subjektive Wahrnehmung desjenigen,
der uns diese IRs (wenn sie dann noch so heissen) geschossen hat? Wollen wir das überhaupt?
Nach meiner Auffassung müsste die IR-Erfassung neutral erfolgen; also linear arbeitende Messmikros müssten zBsp. verwendet werden.
Grund?
Das spätere Ergebnis sollte so neutral wie möglich sein, um allein durch unsere jeweils individuelle Wahrnehmung (Hörkurve,
psycho-akustische Verarbeitung des Gehirns) erst zu dem Höreindruck zu werden, den wir hätten,
würden wir selbst vor diesem Amp und dieser Box stehen.
Ich schließe mal hier, weil ich sonst noch die ganze Nacht weiterschreiben würde.
Vielleicht tragen meine Gedanken ja ein weing zur weiteren Verwirrung bei ... ;-)
Grüße aus Lummerland
@HumblyDumbly
Auch wenn wir uns gelegentlich an die Köppe kriegen, müssen wir uns ja nicht gleich hassen, oder ;-)
Meinungsverschiedenheiten sind das Salz in der Suppe.
Auch wenn es manchmal anstrengend ist.
In diesem Sinne; Let the fight begin ;-)))))