Gestern war ich im Proberaum und habe meinen db Opera M12-4 Wedge Monitor entzerrt. Dabei habe ich gleich mal mein Behringer ECM8000 mit dem ARC2 mitgelieferten Messmikrofon (danke Andy Funkstation fürs leihen!!!) verglichen und mit zwei Methoden entzerrt:
- IK ARC 2 Mehrpunktmessung (7Punkte rund um die Abhörposition) mit dem ARC Mikrophon
- Axe-Fx II 1 Punktmessung per "pink noise" Tonematch mit dem Behringer ECM8000
Da ich das leider nicht mit so schönen Messkurven wie Andy hier zeigen kann, ist das natürlich alle weniger wissenschaftlich, aber ein paar Dinge kann ich schon Aussagen - denke ich.
ARC Messmikro vs. Behringer ECM 8000
Seit dem ARC 2 System gibt es zwei "ARC Mics". Eines mit einem roten Kringel und S/N 08 und eines (aus ARC1 Zeiten?!) mit S/N 02 ohne Kringel. Führt man eine Messung mit ARC 2 aus, wird man zu Beginn gefragt, welches ARC Mic. zum Einsatz kommt, damit die software sich quasi auf das verwendete Mikrophon kalibrieren kann.
Zu Vergleich stand das ARC mit rotem Kringel vs. Behringer ECM8000. Verglichen habe ich auf etwas unorthodoxe Weise: Ich habe die minimale Anzahl von Messpunkten, die das ARC System verlangt einfach dadurch irgnoriert, dass ich 7x diesselbe Position gemessen habe. Dies mit beiden Mikros und gleicher Position (Gleiche Position mit Augenmaß) - In Ohrhöhe, 50cm vor dem Monitor, Kapsel auf Monitor gerichtet.
Ergebnisse:
IK Multimedia ARC mit rotem Kringel Messmikro:
Behringer ECM8000
Legt man nun beide Messungen übereinander sieht das folgend aus:
ARC vs. Behringer
Man sieht, dass das Behringer mit dem ARC bis ca. 4,5 kHz identisch misst, darüber geht die Messkurve (orange) leicht auseinander. Ab ca. 5Khz misst das Behringer immer so 1-2db mehr Höhen, als das ARC Mikro.
Ganz ehrlich: Ich finde diese Unterschiede ziemlich vernachlässigbar. Für "Hobbymessungen" und Verwendungen im Homerecording Bereich mit eher low-budget Monitoren und nicht wirklich perfekter Akustik bzw. um Monitore für eine unperfekte Proberaumakustik sind solche Messtoleranzen meiner Meinung nach bei weitem geringer, als die Korrekturen, die man aufgrund derer Ergebnisse vollzieht. Einfach gesagt: Messgenauigkeit reicht locker aus, um nützliche Korrekturen zu erreichen.
Ich habe dann auch beide Messungen kurz über den Monitor gegengehört und A/B verglichen. Ich musste mich anstrengen, da überhaupt einen Unterschied zu hören. Vielleicht trägt aber auch die Tatsache bei, dass die Unterschiede der beiden Mikrophone auch nicht gerade die Kernbereiche einer E-Gitarre betreffen - Im Gegenteil: So ab ca. 6kHz aufwärts ist bei E-Gitarre eigentlich kaum bis nix mehr im Signalweg ...
Anzumerken ist vielleicht, dass diese "günstigen" (um nicht "billig" zu sagen) Messmikrophone natürlich nicht individuell "eingemessen sind" und die Streuwerte verschiedener ECM8000 beispielsweise solche Bilder generieren:
Hier sieht man sehr deutlich, dass die Streuung ein und desselben Messmicrophontyps (ECM8000) höher liegt (bis zu 5db), als der Unterschied zwischen meinem ECM8000 und Andys IK ARC Mikro (max. ca. 1 -2db - jedenfalls soweit dass auf der winzigen ARC GUI Skala ersichtlich ist).
IK ARC 2 Mehrpunktmessung
Im folgenden habe ich dann mit dem ARC System eine 7 Punktmessung meines db M12-4 Monitors im Proberaum gemacht. Dabei wurde als Messung das Mikrofon in Hörerposition vor dem Monitor, zielend auf den Monitor justiert und durch weitere Messungen rund um diesen Punkt ergänzt. Die Korrektur habe ich dann via IR capture Verfahren als IR CAB ins Axe-Fx gezogen und zur Sicherheit, dass alles korrekt gelaufen ist, auch nochmal A/B zwischen originaler ARC Korrektur und der Impulse Response im Axe-Fx verglichen. Die Impulse Response klang wie erwartet identisch zur "Original"-korrektur.
Also: Ich korrigiere hier nicht meinen db M12-4 1m on axis im freien Feld (um den Monitor gewissermassen "objektiv" zu korrigieren), sondern korrigiere die Akustik auf den Raum bezogen. Da wo ich mit meinen Ohren im Proberaum meinen Monitor höre - da wurde gemessen und für diesen Punkt (und leichte umgebung - sind ja 7 Messungen) im Raum korrigiert.
So sieht es dann aus:
Die Korrektur (weisse Kurve) senkt also (wie schon zu Hause bei meinen Monitoren) die Bässe ab, hebt in den Mitten etwas an und senkt in den Höhen wiederum ab.
Im Hörtest habe ich Musik von MP3 verglichen. Ohne Korrektur: Klingt doch gut ... Mit Korrektur: Hui, die Kick kommt wieder klar konturiert zum Vorschein, der Bass klingt sauberer, die Musik dröhnt nicht mehr so untenrum, die Mitten klingen präsenter (Merkbar gerade die Vocals und ... eben ... Gitarre!), und die überbetonte Hi-Hat (chack, chack, chack...) bettet sich homogener in den Mix ein. Meine Ohren sagen sich also: Ja, Messungen ist ok, Mucke klingt ausgewogener, also Gitte dran:
Vorneweg: Es sind keine "Welten" - der Grundcharackter des Sounds bleibt natürlich - aber der Unterschied ist DEUTLICH wahrzunehmen, im positiven Sinn:
- Dieses Mittenloch ist weg! Die Gitarre wird deutlich präsenter.
- Fender Clean, Strat Hals TA - Sauber artikulierter Bass, wo vorher ein "Wummern und Dröhnen" war
- Obenrum verliert sich dieses "spitze"...
Die ganze Wahrnehmung ist auch viel besser: Um nochmal die falsche Floskel, aber vom Normalo-Gitarristen identifizierbar, zu gebrauchen: Der "Gitarrenbox-in-the-room Faktor", den eine db M12-4 schon von Hause aus im unteren Budget-Bereich schon immer besser konnte, als manch andere Systeme der "unteren" Preisklasse (siehe auch Jörgs Aussagen dazu), wird nochmals spührbar gesteigert.
Erstes Fazit:
Ganz ehrlich? Ich werde in Zukunft lieber MIT Entzerrung spielen, als OHNE!!! Es klingt besser, natürlicher, ausgewogener - ohne erst mit Global EQs anpassen zu müssen und dann nie wissen: Nehme ich Bass im Amp Block weg oder ziehe ich Ihn mit einem Boxensim low cut raus oder mache ich das nur am Ausgang zwei für meinen Monitor per Global EQ? Genau dieser Unsicherheitsfaktor nimmt weiter ab, bzw. das vertrauen die "Wahrheit" zu hören nimmt mit einer Raumkorrektur wie durchgeführt zu. Die Chance, dass der eingestellte Sound dann auch an einer (fremden) FOH gut korrespondiert - sprich weniger vom FOH Mann angepasst werden muss steigt einfach.
Axe-Fx II 1 Punktmessung per "pink noise" Tonematch mit dem Behringer ECM8000
Ich habe es recht einfach gehalten: pink noise aus dem Synth Block (voice drei, alle anderen aus, Frequency auf 20Khz erweitert) als REFERENCE direkt in den TMA Block. Und als TMA LOCAL das pink noise parallel via FX Loop an den Monitor gesendet. Den Monitor mit ECM8000 direkt auf Hörposition "gemessen" und über den neutralen MIC Preamp wieder in Input 2 LEft ins Axe zurückgeführt. Average im TMA Block auf 5.000 gestellt und gleichzeitig ca. 10 Sekunden gemessen.
Ergebnis:
Erklärung Bild:
Linke Seite:
Axe-Fx II 1 Punktmessung per "pink noise" Tonematch mit dem Behringer ECM8000
oben - nicht geglättet, also 100% Messung (TomStu würde sagen "nicht rundgelutscht"
)
mitte - 50% geglättet bzw. rundgelutscht
unten - 65% geglättet bzw. rundgelutscht
Rechte Seite:
TMA der Impulse Response der originalen 7Punktmessung mit dem ARC Mic und dem ARC2 System
oben / mitte / unten - immer dasselbe - damit der Kurvenvergleich etwas einfacher zu ersehen ist zum linken Bild
Mit der Gitarre abgehört habe ich allerdings nur die 100% (oben links) Variante, die "gesmoothten Versionen" habe ich hier nur nachträglich zum vergleichen eingesellt und fotografiert.
Nun, wie klingt die "Axe-Fx interne TMA-Entzerrung mit ECM8000" im Vergleich zur IK Multimedia ARC2 Messung mit ARC Mikro?
Tendenziell geht das in diesselbe Richtung, wie mit der ARC Messung: Weniger Bass"mumpf", transparentere, nach vorne geschobene Mitten, marginal weniger Höhen beim gitarrenspiel vernehmbar.
Ich würde sagen: Die Änderung geht in der grundsubstanz genau dahin, wo das ARC System hinführt, aber nicht ganz so weit und etwas weniger ausgewogen. Ob hier das "smoothing" für mehr Ausgewogenheit sorgen kann lassen die Bilder erahnen, probiert habe ich es aber nicht.
Allerdings muss ich sagen: Ich komme zu einem anderen Ergebniss, wie Andy und Stu, als sie damals per TMA entzerrt haben und im Ergebniss meinten: gegenmessung des Ergebniss sah auf dem Papier sehr "flat" aus, aber Andys Gitarrensound wäre schrecklich gewesen. Bei mir wurde der Sound klarer und (subjektiv) besser, tendenziell vergleichbar mit dem Ergebnis der ARC Korrektur, nur nicht ganz so ausgeprägt.
Conclusio:
Auch ich empfinde es wie Andy und Tomtu als absolut nützlich und empfehlsam den Monitor an die akustischen gegebenheiten des Abhörraums und der eigenen Abhörposition anzupassen.
Der Vorteil liegt in einem ausgewogeneren Klangbild und der Sicherheit, weniger ins "blaue" zu tweaken. Wo ich früher mit lo-cuts und EQ den Sound "zurechtgebogen" habe, damit es auf dem Monitor gut klingt greift tendenziell genau die Entzerrung - die damals eingesetzten EQ-Mittel waren also weniger Anpassung des Amp und Cab Sounds, sondern schlicht die Anpassung des Monitors (quasi Entzerrung nach Wohlbefinden, nicht nach Messkriterien).
Allerdings kommt an eine messtechnische Entzerrung wie beschrieben der Einsatz von GEQs mitnichten ran - da zu grob.
Das ARC System ist eine feine Sache - für den, der es hat.
Für alle, die an einer verbesserten, sprich neutraleren Abhörsituation mit ihrem Monitor interessiert sind halte ich das Wagnis, mal € 50,- in die Hand zu nehmen und in ein ECM8000 Messmikro zu investieren und Messungen per TMA Block durchzuführen für absolut lohnenswert. Nicht ganz so gut wie ARC, aber definitiv besser als gar nicht!